Dienstag, 4. Januar 2011


Anatomie eines Mordes (USA, 1959)


Originaltitel: Anatomy of a Murder
Regie: Otto Preminger
Produktion: Otto Preminger
Buch: John D. Voelker (Vorlage), Wendell Mayes
Musik: Duke Ellington
Kamera: Sam Leavitt

James Stewart (Paul Biegler)
Lee Remick (Laura Manion)
Ben Gazzara (Lt. Frederick Manion)
Arthur O'Connell (Parnell Emmett McCarthy)
Eve Arden (Maida Rutledge)
Kathryn Grant (Mary Pilant)
George C. Scott (Claude Dancer, Staatsanwaltschaft)
Orson Bean (Dr. Matthew Smith)
Russ Brown (George Lemon)
Murray Hamilton (Alphonse Paquette)
Brooks West (Mitch Lodwick, Staatsanwaltschaft)
Joseph N. Welch (Richter Weaver)
Duke Ellington (Pie Eye)

Der selbstständige Anwalt Paul Biegler, der seinen Posten bei der Staatsanwaltschaft schon vor längerer Zeit verlor, hat mit großen Fällen wenig am Hut. Er vertreibt sich seine Zeit mit Angeln und der Betreuung seines väterlichen Freundes, dem versoffenen Ex-Juristen Parnell. Nun wird ihm zugetragen, einen großen Prozess als Verteidiger zu führen - einen Mordprozess. Sein Klient, Lt. Manion, der den Vergewaltiger seiner Frau erschoss, verhält sich sperrig und unkooperativ, seine hübsche Frau Laura zieht es vor, mit Biegler zu flirten, statt Sinnvolles zum Fall beizutragen. Außerdem verzwickt sie sich in widersprüchliche Aussagen. Trotz aller Widrigkeiten nimmt Biegler die Verteidigung Manions an. Ein scheinbar aussichtsloses Unterfangen...

In nur zwei Monaten abgedreht stellt Premingers Justizfilm eine Perle des noch jungen Genres dar, sicherlich auch ermutigt durch die (noch heute kanonischen) Kritikererfolge dreier Filme von 1957 mit ebenfalls übermäßigem Gerichtsanteil - jene unter der Regie gewisser Herren namens Kubrick, Wilder und Lumet.

Mit der sympathischen Hauptfigur des unorthodoxen Verteidigers Paul Biegler wird man schon in den ersten Einstellungen schnell warm, sodass der Zugang zum Film letztendlich einfacher ausfällt, als man vielleicht befürchten könnte, denn nur über Identifikationspotential funktioniert eine so zentrierte Juristengeschichte. Auch die meisten der (prominenten) Nebendarsteller hauchen ihren zumeist glaubwürdigen Rollen viel Leben ein, insbesondere George C. Scott, dem der arrogante Großstadt-Staatsanwalt auf den Leib geschneidert ist. Einzig Lee Remicks merkwürdige Symbiose aus Lolita und Femme Fatale (wobei bemerkenswert ist, dass Preminger hier nach seinem Noir-Glanzstück "Laura" (1944) eine fast identische Figur mit eben jenem Vornamen fokussiert) kam bei mir trotz ihres Engelsgesichts nicht vollständig an, wirkte in ein paar Szenen unfreiwillig komisch, darüber kann man jedoch getrost hinwegsehen.
1959 war der Film aufgrund seiner Thematisierung von Vergewaltigungen und unehelichem Sex sowie seines im wahrsten Sinne des Wortes "schlüpfrigen" Vokabulars eine kleine Skandalnudel, wurde teilweise sogar nicht aufgeführt. Einige Moralapostel, darunter sogar James Stewarts Vater, riefen öffentlich zum Boykott auf. Auch wenn einige, zweifelsohne nicht alle (!), pikanten Details aus heutiger Sicht eher amüsieren, so waren sie doch für die damalige Zeit (und in den immer schon prüden USA sowieso) bahnbrechend und wegweisend für aktuellere Produktionen, wie auch immer man dazu stehen mag. Der Österreicher Preminger hatte damit wohl jedenfalls kein Problem. Dieser Aspekt soll aber keinesfalls davon ablenken, dass man insgesamt einen durchdachten, schlüssigen, mitunter durch pointierten Wortwitz gewürzten aber dennoch ernsten und mit Freude an der Sache inszenierten und von zahlreichen Stars gespielten Justizfilm vor sich hat, den trotz zweieinhalb Stunden keine nennenswerten Längen lähmen. Der Soundtrack ist zwar relativ sparsam eingestreut, die Klänge der Jazz-Legende Duke Ellington, der auch einen Cameo-Auftritt hat, sind aber passend und erinnern an die Musikkulisse(n) der schwarzen Serie. Zwar bleibt der große Knall gen Ende, wie zum Beispiel bei Billy Wilders "Zeugin der Anklage", aus, jedoch spricht nichts dagegen, auch einen geradlinig konstruierten Film vollends gutzuheißen, wenn dieser derart konsequent in den richtigen Bahnen verläuft.

8/10




Dieser Blog ist tot, sofern er jemals wirklich lebte. Da ich nach einem Dreivierteljahr wieder Lust verspüre, regelmäßig zu schreiben, und das diesmal hoffentlich für längere Zeit, werde ich versuchen, die Nitrozellulose zu reanimieren.

Die Kritiken werden (noch) kürzer, dafür werden es mehr werden - zumindest besagt das meine Planung. Vielmehr werden es also Kurzempfehlungen, denn zumeist werden es Filme sein, die ich auch weiterempfehlen kann und möchte. Spontane Verrisse von eher miesen Streifen, die ich mal nebenbei im Fernsehen aufgeschnappt habe, wird es nicht häufig geben.

Des Weiteren wird die Kinokategorie aufgelöst und in die normale integriert. Das macht mehr Sinn.

Die stümperhaften Sprünge im Schriftformat sind übrigens nicht beabsichtigt, aber der Blogger macht nicht wirklich, was ich möchte...

Montag, 1. März 2010



Nightmare on Elm Street - Mörderische Träume (USA, 1984)


Originaltitel:
A Nightmare on Elm Street
Regie: Wes Craven
Produktion: Robert Shaye, Stanley Dudelson, Joseph Wolf, Sara Risher
Buch: Wes Craven
Musik: Charles Bernstein
Kamera: Jacques Haitkin

Cast:
Heather Langenkamp (Nancy Thompson)
Robert Englund (Freddy Krueger)
John Saxon (Lt. Thompson)
Ronee Blakley (Marge Thompson)
Johnny Depp (Glen Lantz)
Amanda Wyss (Tina Gray)
Jsu Garcia (Rod Lane)
Charles Fleischer (Dr. King)
Lin Shaye (Lehrerin)

Nancy und ihre Freunde, allesamt Kinder der "Elm Street", werden von schrecklichen Albträumen geplagt - und die Träume ähneln sich: Stets trachtet ein entsetzlich verbrannter Kerl mit Hut, Streifenpullover und Messerhandschuh nach ihrem Leben. Als Teenager um Teenager im Schlaf sterben, wird Nancy klar, dass sie in ihren Albträumen wirklich sterben können. Fernab davon, die ungläubigen Eltern davon zu überzeugen, ist der größte Feind nun die Müdigkeit - Denn in den Träumen wartet nur der irre Killer...

"
Nightmare on Elm Street" wurde zum Phänomen, Freddy Krueger zur Kultfigur, Johnny Depp zum Weltstar und Wes Craven zum berühmtesten Horrorregisseur Hollywooods - das alles nur durch diesen Film. Waren es ab den 30ern eher die typischen Monster à la Dracula, Frankenstein, King Kong und diverser Mumien, Sumpfgeschöpfe oder vor allem Außerirdische, die dem Publikum Angst einjagten, wurde seit Hitchcocks "Psycho" der mehr oder weniger menschliche Massenmörder zum Gassenfeger und dann... Dann kam die grnadiose Idee um Fred Krueger. Sowieso schon als Hybrid aus Monster und Mensch zu klassifizieren, erweiterte er das Gruselspektrum um die surreale Komponente mit der größten schöpferischen Kraft: dem Traum. Für seine Existenz braucht es kein Transsylvanien, keinen dunklen Wald und kein Wunderland. Menschen müssen schlafen und dass man währenddessen träumt - vor allem was -, kann man nur schwerlich beeinflussen. Diese reele Bedrohung macht den Reiz der Figur aus und sorgt zu großem Teil dafür, dass der Film so gut funktioniert. Freddy wandelt mühelos durch Gitterstäbe, hat variierend lange Arme, lauert Unterwasser in der Badewanne oder zieht seine Opfer in die Matratze, ohne dass es lächerlich oder fragwürdig wirkt. Warum sollte er es auch nicht können - Welche inhaltlichen Grenzen hat ein Traum? Diese fast uneingeschränkten "Superkräfte" machen ihn gefährlicher als Michael Myers, Jason Vorhees, Norman Bates und Hannibal Lecter zusammen. Deshalb zieht der Spannungsbogen seine Potenz im Endeffekt nur aus der Frage: Was tun, wenn man einschläft (und das wird passieren)? Das reicht aber auch schon.

Der Film ist trotz seiner 26 Jahre hinsichtlich der überaus blutigen Spezialeffekte kaum gealtert. Viele Metzelszenen und Gruseleinlagen würden heutzutage am Computer hergestellt werden und, das zeigt schon die Praxis des Remake-Trailers, schneiden dabei deutlich schlechter ab. Freddys herrlich scheußliches Makeup, das in den Traumsequenzen permanente Maintheme und Kratzen seiner Messer auf Stahl sowie andere nette Einfälle wie das Blöken von Schafen und Heulen von Kleinkindern erzeugen wahrhaft eine Stimmung wie in einem grauenhaften Albtraum, einem, den man während einer Viruserkrankung hat (denn das sind nach eigener Erfahrung die schlimmsten). Einzig störend dabei ist in einigen hektischen Szenen die unfreiwillig komische Elektropop-Musik. Das lass ich als veraltet durchgehen, den Rest nicht.

Englund als fieser, fleischgewordener Kinderschreck überzeugt auf ganzer Linie. Mal lacht man über ihn, im nächsten Moment ist er wieder so abscheulich eklig und angsteinflößend, dass man nicht selber von ihm träumen will. Diese eine Rolle sorgte für schier unerschöpflichen Engagements in Horrorproduktionen aller Art, sodass er warscheinlich ausgesorgt hat. Die Darsteller der Teenager machen ihre Sache recht gut und überzeugend, insbesondere Heather Langenkamp aber auch Johnny Depp in seiner ersten Kinorolle überhaupt. Den Cast füllen solide ältere Darsteller, von denen sich aber keiner groß hervortut, auf.

Auf "
Nightmare on Elm Street" folgten noch sechs qualitativ minderwertige Nachfolger. Der dritte Teil von 1987, in dem auch Langenkamp zurückkehrte und so unter anderem neben den späteren Stars Patricia Arquette und Laurence Fishburne zu sehen ist, geht voll in Ordnung, mit Abstrichen noch "New Nightmare" (Teil 7, 1994), ihr dritter Auftritt. Über alle anderen Sequels sollte man den Mantel des Schweigens ausbreiten: Hanebüchene Storyeinfälle, schlechtes Schauspiel und selbst ein nicht mehr wirklich ernst zu nehmender Krueger zeichnen diesen Müll aus. Mit Englund als Freddy gab es 2003 noch ein letztes Wiedersehen in der pubertären Schlachtplatte "Freddy vs. Jason". In Kürze kommt vom unsäglichen Michael Bay ein Remake zu NoES - Jackie Earle Haley, eigentlich ein guter Darsteller, wird den Albtraumschlitzer mimen. Ich erwarte, die Teaser bestätigen das zumindest schon, ein Machwerk, das Cravens Original in eigentlich allen Belangen unterlegen ist.

"
Nightmare on Elm Street" hat Alles, was ein guter Horrorfilm braucht: Eine frische Story, solide bis gute Darsteller, eine bedrohliche Atmosphäre, viel Blut, eine Prise Humor und einen genialen Schurken.

7,5/10




Halloween - Die Nacht des Grauens (USA, 1978 - TV Extended Version)

Originaltitel: Halloween
Regie: John Carpenter
Produktion: Moustapha Akkad, Debra Hill, John Carpenter, Irwin Yablans
Buch: John Carpenter, Debra Hill
Musik: John Carpenter
Kamera: Dean Cundey

Cast:
Donald Pleasence (Dr. Sam Loomis)
Jamie Lee Curtis (Laurie Strode)
Nancy Kyes (Annie Brackett)
P.J. Soles (Lynda van der Klok)
Charles Cyphers (Sheriff Leigh Brackett)
Kyle Richards (Lindsey Wallace)
Brian Andrews (Tommy Doyle)
John Michael Graham (Bob Simms)
Nancy Stephens (Nurse Marion Chambers)
Nick Castle/Tony Morran (Adult Michael Myers)

Halloween 1963: In der beschaulichen Kleinstadt Haddonfield in Illinois ermordert der 6jährige Michael Myers aus scheinbar unerfindlichen Gründen seine ältere Schwester Judith mit einem Küchenmesser. In katatonischem Zustand wird er unter der Obhut von Dr. Sam Loomis, der Michael als einziger für gefährlich und kalkuliert hält, in eine psychatrische Anstalt eingewiesen. 15 Jahre später, als ihm als Erwachsener der Prozess gemacht werden soll, kann er fliehen und kennt er nur ein Ziel: Haddonfield. Das Morden geht weiter - pünktlich zu Halloween...

Mit "Halloween - Die Nacht des Grauens" schuf der damalige Jungregisseur Carpenter einen Meilenstein des modernen Horrorfilms und war somit Wegbereiter für viele großartige und miese Streifen, die sich bei ihm Anleihen nahmen. Das Muster von Slasherflicks ist natürlich ein einfaches: Man nehme einen irren Massenmörder und lasse unter Teenagern, vorzugsweise leicht bekleideten jungen, naiven Mädchen, sein Unwesen treiben. Die Story alleine, auch wenn sie in diesem Fall noch etwas sorgfältiger ausgearbeitet ist als z. B. bei "Freitag der 13.", gewinnt aber nicht wirklich einen Blumentopf. So sind es vielmehr die Stilmittel, die "Halloween" so unsterblich gemacht haben. Der Film lässt sich viel Zeit, die Nacht des Schreckens gemächlich aufzubauen. Ob er Dr. Loomis bei seinen vergeblichen Versuchen zeigt, die Mitmenschen von der Gefahr durch Michael zu überzeugen oder Laurie und ihre Schulmädchen-Freundinnen vor und beim Babysitten. Dabei streut Carpenter immer wieder, untermalt von der weltberühmten Musik, diverse Schockmomente ein, die aber nicht eskalieren. Man bekommt den Killer oft zu sehen - vom Bildrand abgeschnitten, ungesehen am Fenster, in illusionartigen Erscheinungen aus der Ferne oder in dem geklauten Anstaltswagen. Ebenso hört man ihn oft stöhnend durch die Maske atmen, aber NOCH geschieht nichts. Man selber weiß, um wen es sich handelt - die potentiellen Opfer nicht. Dieses Spannungspetting zieht sich rund eine Stunde bis tief in die Nacht der Ereignisse hin. Regisseur und Kamera reizen das Klimax voll aus - in positiver Hinsicht. Als es letztendlich losgeht, bleibt es zwar recht blutleer aber weder lasch noch harmlos. Zwar gibt es auch die obligatorischen Sexszenen und ein paar nackte Brüste, die lassen aber nie daran zweifeln, dass es an sich nur um den unberechenbaren Schlitzer geht - und es für einen überzeugenden, spannenden Gruselthriller auch nicht mehr gebraucht hat. Die Synthese von Schnitt, Musik und Bildern gepaart mit einer unheimlich aussehenden, unmenschlichen und bizarren Mörderfigur sind die Zutaten für diesen Klassiker.

Einzig wirklich negativ anzumerken sind zahlreiche dicke Logiklöcher und Drehbuchschnitzer und damit meine ich nicht das genretypische Fehlverhalten der Akteure.
Warum zum Beispiel sucht sich Michael ausgerechnet jene Teenagerklique aus? Warum trägt er seine schauderhafte weiße Maske schon, bevor er den Laden ausgeraubt und diese entwendet hat?

Donald Pleasence spult seinen Part routiniert ab, muss allerdings auch nicht all zu viele Emotionen zeigen. Die debütierende Ms. Curtis wirkt zwar anfänglich noch reichlich grün, zeigt aber spätestens im Showdown, warum aus ihr die viel zitierte "Scream Queen" werden konnte. Auch die restlichen Jungdarsteller überzeugen nicht vollends, nerven aber nicht oder agieren so unglaubwürdig, dass die Qualität des Films darunter zu leiden hätte. Insgesamt ist "Halloween" schauspielerisch vielleicht durchschnittlich, im Genrekontext kennt man jedoch weitaus Schlimmeres.

"Halloween" weitete sich zu einem regelrechten Franchise aus. Einem sehr ordentlichen, direkt an den 1. Teil anknüpfenden, härteren und viele Fragen beantwortenden Sequel, folgte ein merkwürdiger dritten Film, in dem Myers nicht einmal erwähnt wird, drei weitere ziemlich schlechte Fortsetzungen mit völlig anderen Handlungssträngen und ohne Laurie Strode sowie der vielfach unterschätzte und zu unrecht verrissene "Halloween: H20 - 20 Jahre später", der samt der Lee Curtis als Laurie als eine gelungene Hommage an das Original zu sehen ist (irgendwann auch dazu ein Kurzreview) und sich nur durch zu viele Eingeständnisse an die "Scream"-Generation schuldig machte. Leider setzte man mit dem schwachsinnigen "Halloween: Resurrection" noch einen drauf und der untalentierte und goreverliebte Rockmusiker Rob Zombie probierte sich an einem bescheidenen Remake - das leider bei der unterbelichteten Zielgruppe so erfolgreich war, dass ein zweiter Neuaufguss folgte und ein weiterer in der Mache ist. Eine Schande. Im Prinzip sollte man die Geschichte auf die ersten beiden Teile und "H:20" beschränken und schon hat man eine grundsolide Trilogie.

"Halloween - Die Nacht des Grauens" hält sich jedoch mühelos auf Kultniveau und hat sich diesen aufgrund der so simplen aber mitreißenden Machart zweifelsohne verdient. Ohne die gravierenden Plotholes wäre eine noch höhere Wertung möglich gewesen. Dennoch ein Muss für Fans niveauvollen Grusels.

7,5/10



In der Nacht von Sonntag auf Montag steht mal wieder die jährliche Verleihung des wichtigsten Filmpreises an. Von mir gibt es nochmal die Nominierungen im Überblick. Die Dokumentationen und Kurzfilme sind mangels Kenntnis und Interesse ausgespart.

Meine Vorraussagen habe ich in "fett" gekennzeichnet.

Bester Film:
Avatar - Aufbruch nach Pandora
Blind Side - Die große Chance
District 9
An Education
Inglourious Basterds
Oben
Precious - Das Leben ist kostbar
A Serious Man
Tödliches Kommando - The Hurt Locker
Up in the Air

Beste Regie:
James Cameron für "Avatar - Aufbruch nach Pandora"
Kathryn Bigelow für "Tödliches Kommando - The Hurt Locker"
Lee Daniels für "Precious - Das Leben ist kostbar"
Jason Reitman für "Up in the Air"
Quentin Tarantino für "Inglourious Basterds"

Bester Hauptdarsteller:
Jeff Bridges für "Crazy Heart"
George Clooney für "Up in the Air"
Colin Firth für "A Single Man"
Morgan Freeman für "Invictus - Unbezwungen"
Jeremy Renner für "Tödliches Kommando - The Hurt Locker"

Beste Hauptdarstellerin:
Sandra Bullock für "Blind Side - Die große Chance"
Helen Mirren für "Ein russischer Sommer" (OT: The Last Station)
Carey Mulligan für "An Education"
Gabourey Sidibe für "Precious - Das Leben ist kostbar"
Meryl Streep für "Julie & Julia"

Bester Nebendarsteller:
Matt Damon für "Invictus - Unbezwungen"
Woody Harrelson für "The Messenger"
Christopher Plummer für "Ein russischer Sommer"
Stanley Tucci für "In meinem Himmel"
Christoph Waltz für "Inglourious Basterds"

Beste Nebendarstellerin:
Penélope Cruz für "Nine"
Vera Farmiga für "Up in the Air"
Maggie Gyllenhaal für "Crazy Heart"
Anna Kendrick für "Up in the Air"
Mo'Nique für "Precious - Das Leben ist kostbar"

Bestes Originaldrehbuch:
Mark Boal für "Tödliches Kommando - The Hurt Locker"
Quentin Tarantino für "Inglourious Basterds"
Alessandro Camon und Oren Moverman für "The Messenger"
Joel Coen und Ethan Coen für "A Serious Man"
Bob Peterson und Pete Docter für "Oben"

Bestes Drehbuch nach einer Vorlage:
Neill Blomkamp und Terri Tatchell für "District 9"
Nick Hornby für "An Education"
Jesse Armstrong, Simon Blackwell u. a. für "In the Loop"
Geoffrey Fletcher für "Precious - Das Leben ist kostbar"
Jason Reitman und Sheldon Turner für "Up in the Air"

Bester Animationsfilm:
Coraline
Der fantastische Mr. Fox
Küss den Frosch!
Oben
The Secret Kells

Bester fremdsprachiger Film:
Ajami (Israel)
El secreto de sus ojos (Argentinien)
Eine Perle Ewigkeit (Peru) OT: La teta asustada
Ein Prophet (Frankreich) OT: Un prophète
Das weiße Band (Deutschland)

Bestes Szenenbild:
Avatar - Aufbruch nach Pandora
Das Kabinett des Dr. Parnassus
Nine
Sherlock Holmes
The Young Victoria

Beste Kamera:
Avatar - Aufbruch nach Pandora
Harry Potter und der Halbblutprinz
Inglourious Basterds
Tödliches Kommando - The Hurt Locker
Das weiße Band

Beste Kostüme:
Bright Star
Coco Chanel - Der Beginn einer Leidenschaft
Das Kabinett des Dr. Parnassus
Nine
The Young Victoria

Bester Schnitt:
Avatar - Aufbruch nach Pandora
District 9
Tödliches Kommando - The Hurt Locker
Inglourious Basterds
Precious - Das Leben ist kostbar

Bestes Make-Up:
Il Divo
Star Trek
The Young Victoria

Beste Filmmusik:
James Horner für "Avatar - Aufbruch nach Pandora"
Alexandre Desplat für "Der fantastische Mr. Fox"
Michael Giacchino für "Oben"
Hans Zimmer für "Sherlock Holmes"
Marco Beltrami und Buck Sanders für "Tödliches Kommando - The Hurt Locker"

Bester Song:
"Almost There" aus "Küss den Frosch!"
"Down in Orleans" aus "Küss den Frosch!"
"Loin de Paname" aus "Paris 36"
"Take it All" aus "Nine"
"The Weary Kind" aus "Crazy Heart"

Bester Ton:
Avatar - Aufbruch nach Pandora
Tödliches Kommando - The Hurt Locker
Inglourious Basterds
Star Trek
Oben

Beste visuelle Effekte:
Avatar - Aufbruch nach Pandora
District 9
Star Trek

Ich hoffe (und schätze optimistisch bzgl. meiner Tipps), dass man "Avatar" zurecht nicht mit dem Oscar für den besten Film auszeichnet und Camerons Beweihräucherung mit der "Globe"-Auszeichnung ein Ende hat. Man wird den Film hoffentlich mit ein paar Technik-Awards abspeisen und damit hat sich dann die Kiste. Den für die visuellen Effekte hat er sich ja auch redlich verdient. Wieso ist "Avatar" eigentlich nicht als bester Animationsfilm nominiert?

Hans Zimmer wird meiner Meinung nach für "Sherlock Holmes" den Musikpreis einheimsen, da ihm letztes Jahr die Nominierung und der damit fast sichere Sieg für "The Dark Knight" verweigert wurde, da er nicht als alleinverantwortlich für den Score galt. Zudem hoffe ich, dass Gilliams "Das Kabinett des Dr. Parnassus" in den Ausstattungskategorien nicht völlig leer ausgehen wird, zumal das "Avatar"-Szenenbild zu 100% aus dem Rechner stammt. Bays unsäglicher "Transformers 2" geht in der Randkategorie hoffentlich leer aus.
Für Hanekes "Das weiße Band" würde es mich natürlich freuen, allerdings glaube ich nach der Auszeichnung mit dem Globe nicht an eine weitere, deshalb mein Tipp auf den israelischen Beitrag (ohne ihn zu kennen). Als bester Animationsfilm wird "Oben" triumphieren, dafür würde ich fast meine Hand ins Feuer legen. Bei den Drehbüchern erwarte ich eine verdiente Honorierung für Tarantino und eine erwartungsgemäße für den überschätzen Reitman und seinen ebenso überschätzen "Up in the Air".
Bei den Darstellern war es bis auf Waltz schwierig. Dieser wird den Oscar bekommen und wohl kaum einer wird ihm ihn vergönnen. Morgan Freeman, sicherlich ein großartiger Schauspieler, wird, so denke ich, Jeff Bridges ausstechen, da er einen großen Menschenrechtler darstellt und Bridges schon nen "Globe" bekam. Ja, so einfach und berechenbar funktioniert Hollywood - glaub ich zumindest. Bei den Damen... Ich bin mir recht sicher, dass eine aus dem "Up in the Air"-Cast den Goldjungen einsackt, wobei ich zwischen Farmiga und Kendrick stark schwankte. Für Meryl Streep wird das mal wieder nur eine weitere Nominierung, da man sich vermutlich von der Auszeichnung für Sidibe die größere Show verspricht - wie auch nette gesellschaftspolitische Nebeneffekte.

Der Regiepreis - ebenso heikel. Ich würde es Kathryn Bigelow für ihren überaus gelungenen Film wünschen, härteste Konkurrenz ist wohl wieder Reitman mit seinem Gedöns, der, auch wenn eine Vorraussage beim "besten Film" (Avatar, Hurt Locker, Up in the Air - einer von denen wird es werden) schwer zu kalkulieren ist, meinen Favouriten darstellt.

Mittwoch, 24. Februar 2010


Shutter Island (USA, 2010)

Originaltitel: Shutter Island
Regie: Martin Scorsese
Produktion: Brad Fischer, Mike Medavoy, Arnold Messer, Martin Scorsese, Dennis Lehane, uvm.
Buch: Dennis Lehane (Romanvorlage), Laeta Kalogridis
Kamera: Robert Richardson

Leonardo DiCaprio (U.S. Marshall Teddy Daniels)
Mark Ruffalo (U.S. Marshall Chuck Aule)
Ben Kingsley (Dr. Crawley)
Max von Sydow (Dr. Naehring)
Michelle Williams (Dolores Daniels)
Emily Mortimer (Rachel Soldano #1)
Patricia Clarkson (Rachel Soldano #2)
Jackie Earle Haley (George Noyce)
John Carroll Lynch (Deputy Warden McPherson)
Elias Koteas (Andrew Laeddis)

1954 - Der durch Erinnerungen an den Krieg und den Tod seiner Frau geplagte U.S. Marshall Teddy Daniels und sein neuer Partner Chuck Aule untersuchen auf einer Insel vor der Küste Massachussetts', die eine akribisch gesicherte Anstalt für kriminelle Geisteskranke beherbergt, das Verschwinden der Patientin Rachel Soldano, die ihre drei Kinder umbrachte. Verhindert zunächst ein Unwetter seine Abreise, muss er bald erkennen, dass die Anstaltsleitung etwas zu verbergen hat und sich wohlmöglich der für tot gehaltene Mörder seiner Ehefrau Dolores, Andrew Laeddis, als unregistrierter Insasse Nr. 67 auf der Insel befindert. Zunehmend verliert er die Kontrolle über sich, als sich Lüge an Lüge reiht und eine körperliche wie geistige Zerstörung Herr über ihn wird...

Einige Zeit war es ruhig um Martin Scorsese. Seit "The Departed" (2006) wagt er sich nun endlich wieder an ein großes Kinoprojekt - Die Verfilmung des gleichnahmigen Romans von Dennis Lehane (welchen ich nicht gelesen habe). Zwar hat Scorsese seinen Stammschauspieler Leo DiCaprio dabei, betritt aber ansonsten mit einem Psychothriller völlig neue Wege weit fernab der von ihm inszenierten Gangsterhits wie "Casino" und "GoodFellas".

Von der ersten Minute an braut sich eine bedrückende Stimmung zusammen: Eine Fähre durchbricht den dichten Nebel. Derweil entweiht der sichtlich mitgenommene Hauptprotagnist die verdreckte Schiffstoilette ob seiner Seekrankheit. Und als sich der unheilvolle Felsenkoloss von "Shutter Island" auftürmt, wird einem klar, dass hier nichts Gutes in Gange ist. Die Atmosphäre ändert sich auch nicht, sondern verdunkelt sich weiter, als Teddy es mit den zwielichtigen Gestalten innerhalb und außerhalb des Hochsicherheitstraktes zu tun bekommt. Der hämmernd monotone Score droht einen dabei fast zu zerquetschen. In diesem Film gibt es keine Sonne, der wolkenverhangene Himmel weicht einem permanenten Unwetter und je weiter Daniels in den unwirkliche Realität des Anstaltsmolochs vordringt desto tiefer saugt dieser ihn psychisch auf. Die dabei immer wieder eingestreuten grausamen Erinnerungen an die Befreiung des Konzentrationslagers Dachau und die surrealistischen grellen Traumsequenzen und unheimlichen Halluzinationen martern nicht nur die Figur, sondern auch den Zuschauer. Scorsese greift zwar auch auf die genretypischen kleinen Schockmomente zurück und einige enstellte Insassen lassen es einem wie im Horrorfilm kalt den Rücken runterlaufen, dabei verlässt er sich aber vor allem auf die Suggestivkraft seiner düsteren Bilder auf der gottverlassenen Insel und in feuchten Kellergewölben sowie die innere Zerrissenheit seines Hauptdarstellers, der letztendlich nicht mal mehr seinen geliebten Zigaretten trauen kann, sodass "Shutter Island" auch ohne die genannten Horrorelemente glänzend funktioniert hätte. Mit aber eben auch, denn sie sind nur, wie es auch sein sollte, Beiwerk und nicht der ganze Aufhänger des Films (oft genug geschehen). Bis auf minimale Schnittfehler ist der Film eben handwerklich perfekt inszeniert.

Ich möchte die letztendliche Auflösung der Handlung wie auch den detaillierten Weg dahin, der, das sei gesagt, hochspannend und verwirrend ist, nicht verraten, aber, und das ist dann doch wieder Scorseses Handschrift, nichts ist so, wie es scheint und als das eigentliche Puzzle gelöst zu sein scheint, nimmt der Spannungsbogen wieder Fahrt auf, der Film reißt ab und lässt einen unwissend im Kinosessel zurück. So gesehen muss man die Vermutungen derjenigen, die schon anhand des Trailers zu wissen glaubten, worauf das Ganze hinauslaufen wird, glücklicherweise abschmettern. Das offene Ende offenbahrt keine Wahrheit.

Hauptdarsteller DiCaprio beweist mal wieder, dass er zu einem richtigen Charakterdarsteller gereift ist und mit dem Sonnyboy früherer Tager nicht mehr viel gemein hat. Bis auf minimale Unsicherheiten geht er in der kaputten Figur auf und nimmt den Zuschauer mit auf seine emotionale und psychische Achterbahnfahrt. Auch ansonsten ist dieses - und jetzt verwende ich den Begriff zum ersten mal - meisterliche Werk famos besetzt und die Leistungen dementsprechend. Auch die kleinen Scherze der Ruffalo-Figur zu Beginn des Films wirken nicht deplaziert. Sir Ben Kingsley meldet sich als warmer wie skrupelloser Doktor nach einigen Fehltritten in letzter Zeit endlich wieder in der oberen Liga zurück. Die Legende Max von Sydow lebt seine anbiedernde Figur.

Insgesamt bleibt mir zu sagen, dass das endlich mal wieder ein Film war, der mich mitgenommen und verstört, nicht nur unterhalten hat. Ich weiß nicht, wann das das letzte mal der Fall war (auf Kino bezogen). Mr. Scorsese beweist, dass er einer der letzten großen Regisseure ist und anscheinend alles drehen kann, ohne dass es gezwungen wirkt. Sein unheimlich atmosphärisch dichter Psychothriller ist für mich jetzt schon einer der Filme des Jahres. Da zu einem gänzlich ungünstigem Zeitpunkt erschienen, wird er wohl aber bei den nächsten Academy Awards nicht berücksichtigt werden. Den oberflächlichen Optikblender "Avatar" (recht gut aber vollkommen überbewertet), mein letzter Film im Kino, steckt er locker in die Tasche. Ein oppulentes, bitterböses Kinoereignis mit Anspruch auf Sitzfleisch, Nerven und Hirn. Für mich ein Meisterwerk! Scorsese hat mit diesem Beitrag das Genre meiner Meinung nach redefiniert und ich würde ihn ohne Bauchschmerzen in einem Atemzug mit Hitchcocks "Psycho" nennen.

9/10

Dienstag, 23. Februar 2010


Im Vorhof zur Hölle (UK/USA, 1990)

Originaltitel: State of Grace
Regie: Phil Joanou
Produktion: Ned Dowd, Randy Ostrow, Ron Rotholz
Buch: Dennis McIntyre
Musik: Ennio Morricone
Kamera: Jordan Cronenweth

Sean Penn (Terry Noonan)
Ed Harris (Frankie Flannery)
Gary Oldman (Jackie Flannery)
Robin Wright Penn (Kathleen Flannery)
John Turturro (Nick)
Burgess Meredith (Finn Flannery)
R.D. Call (Pat Nicholson)
Joe Viterelli (Borelli)
John C. Reilly (Stevie McGuire)
Deirdre O'Connell (Irene)
Marco St. John (Jimmy Cavello)
James Russo (DeMarco)

Terry Noonan, Polizist aus Boston, kehrt in seine Heimat nach Hell's Kitchen (New York) zurück. Sein Auftrag ist es, "Undercover" als Spitzel die irische Mafia hochgehen zu lassen, in der auch sein bester Freund aus Kindertagen, Jackie Flannery, und dessen Bruder Frankie als Oberhaupt mitmischen. Schon bald muss Terry einsehen, dass er diesem Unterfangen insbesondere moralisch und psychisch nicht gewachsen ist und findet sich als Protagonist in einem tödlichen Krieg wieder...

Die Story, ein Mix aus klassischen Gangsterfilm-Konventionen und Copthriller, mutet natürlich etwas recycelt an, kommt aber mit frischen Ideen und Stilmitteln daher. Den Bärenanteil der Handlung mal nicht in italienische Hände zu geben, war nicht erst Martin Scorseses Geistesblitz bei "The Departed". Die Atmosphäre des Films ist stets beklemmend und ungeschönt, jeder Innenraum hat den authentischen Charme von Bierdunst, Zigarettenqualm und aufgeweichten Wänden, die Außensettings lassen einen das Gemisch aus Regenwasser und Autoabgasen förmlich spüren. Stets untermalt von Morricones zähem und subtilem Soundtrack, der hier mal ganz anders daherkommt als in den "Spaghetti-Western" von Sergio Leone (die ich wohlgemerkt liebe, auch wegen der Musik) eskalieren die persönlichen Dramen an allen Fronten.
"Im Vorhof zur Hölle" bietet aber nicht nur ein realistisch dreckiges Milieu, sondern auch die passende Härte in den Intrigen, kriminellen Machenschaften, die Terry immer weiter in den Sog des Verderbens ziehen, und Dialoge mit Schmackes. Letztendlich münden die Konflikte in einem furiosen und äußerst blutigen Kneipen-Shootout in Zeitlupe am St. Patricks Day.

Schlicht und einfach herausragend aus der vorzüglich besetzten Cast ist dabei (abermals) die schauspielerische Leistung von Gary Oldman als versoffener und verfilzter aber äußerst sympathischer Draufgänger. Dem Mann kauft man einfach alles ab. Penn ist solide, seine spätere (und jetzt wohl wieder ehemalige) Frau jedoch wirkt zuweilen deplaziert und bremsend, sowohl von ihrem Schauspiel als auch ihrer Rolle her. Auch Ed Harris ist großartig, ist man das aber meistens nicht anders gewohnt.

Joanous Gangsterstreifen war nicht übermäßig erfolgreich und ist heutzutage relativ untergegangen - ab und zu sendet ihn noch ein drittes Programm im Fernsehen. Eine schnörkellose Inszenierung, darstellerische Reife, realistische, mitunter versiffte Atmosphäre und kompromisslose Ignoranz von breiter Publikumskonformität - Das sind alles Eigenschaften, die ich in aktuellen Genreproduktionen, die als zahnlose und stilisierte PG13-Bonbons gedreht werden, meistens vermisse. Das lässt auch vereinzelte Déjà Vu's bezüglich der Plotelemente weitestgehend vergessen. Somit ist der Außenseiter "Im Vorhof zur Hölle" eine kleine Actionthrillerperle und eine klare Empfehlung an Freunde des erwachsenen Kinos.

8/10